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von Jörg Martin
Das Problem des Vorstandswechsels ist ein drängendes. Im Wesentlichen gibt es für reine Förderstiftungen drei Möglichkeiten, diesem Problem zu begegnen: Entweder, man beruft Vertreter der begünstigten Einrichtung oder des kontoführenden Geldhauses in den Vorstand, oder man arbeitet mit einem professionellen Stiftungsverwalter zusammen.
Das Problem ist bereits seit Jahren bekannt, mittlerweile ist es nicht mehr Wegzudiskutieren: Immer mehr Stiftungen - in erster Linie sind hier rechtsfähige Stiftungen gemeint - laufen Gefahr, in absehbarer Zukunft mit einem verwaisten Vorstand dazustehen. Für diese Entwicklung gibt es mehrere Ursachen: Da ist zum einen der Stiftungsboom der 2000er Jahre zu nennen, verbunden mit dem Zugeständnis der Behörden, Neugründungen ab 50.000 EUR mitzutragen, deren Vermögen bis heute nicht nennenswert angewachsen ist. Da die Bezahlung eines hauptamtlichen Vorstands selbst bei einem niedrigen siebenstelligen Betrag nicht möglich ist, bleibt der Stiftung nur, sich auf das Engagement ehrenamtlicher Vorstandsmitglieder zu verlassen. Diese sind jedoch meist schwer zu finden.
Ein weiterer Faktor, der zur dieser Situation beigetragen hat, war das Image der sogenannten Treuhandstiftung. Vor 15 Jahren galt sie noch als kleine Schwester der rechtsfähigen Stiftung und der alternative Name „unselbstständige Stiftung" hat sein Übriges getan. Das Ansehen der Treuhandstiftung ist mittlerweile weitaus besser geworden — zum Glück, denn ihr großer Vorteil besteht darin, keinen Vorstand haben zu müssen.
Dennoch besteht das Problem, dass der Staffelstab in der Besetzung des Vorstands rechtsfähiger Stiftungen in vielen Fällen nicht weitergegeben werden kann, weil weit und breit kein Nachfolger in Sicht ist. Welche Optionen hat nun z.B. eine 75-jährige Person, die allein den Vorstand ihrer eigenen Stiftung bildet und die es in den vergangenen Jahren versäumt hat, einen Nachfolger aufzubauen?
Zunächst wäre im familiären Umfeld oder im Freundes- und Bekanntenkreis zu suchen. Es mag durchaus sein, dass hier jemand gewonnen werden kann, die Stiftung weiterzuführen. Wenn dem so ist, wird diese Bereitschaft wahrscheinlich auch aus einem Gefühl der Verpflichtung heraus resultieren. Diese Verpflichtung greift aber nicht, sobald kein persönliches Verhältnis zum Stifter mehr besteht.
Fazit: Spätestens mit der dritten Vorstands-Generation wird die Situation für die Stiftung prekär. Das Problem wurde nur aufgeschoben.
Ein praktikabler Lösungsansatz bestünde darin, dass die von der Stiftung begünstigte Institution oder auch die begünstigte Kommune ein Vorstandsmitglied stellt, da sie ein eigenes Interesse an der Stiftungsarbeit hat und von dieser profitiert. Sofern die Stiftung zwei oder mehrere Organisationen fördert, könnte natürlich auch jede einzelne von ihnen ein Vorstandsmitglied entsenden, sodass innerhalb des Stiftungsvorstandes das Vier-Augen-Prinzip herrscht. Ein solches Vorgehen ist zweifellos möglich, allerdings ist in diesem Fall die selbstständige Stiftung nicht mehr unabhängig von der beziehungsweise den zu fördernden Institution/en. Dem Stifter sollte bewusst sein, dass die Stiftung bei diesem Lösungsansatz kaum mehr eine Chance hat, andere steuerbegünstigte Körperschaften zu fördern.
Bankmitarbeiter im Vorstand machen von der Bank abhängig
Ein weiterer Lösungsansatz könnte darin bestehen, die kontoführende Bank oder Sparkasse zu fragen, ob sie ein Vorstandsmitglied stellt. Das ist insbesondere dann eine Option, wenn der Stifter z.B. seit Jahrzehnten dieser Bank beziehungsweise Sparkasse sein Vertrauen geschenkt und als Vorstandsmitglied keinen Grund hat, es nicht auch auf seine Stiftung zu übertragen. Aber auch in diesem Fall sollte dem Stifter klar sein, dass die Stiftung mit ihrem unendlichen Anlagehorizont an eine Bank beziehungsweise Sparkasse gebunden sein wird.
Bei beiden Optionen kann der Stifter sicher sein, dass die Besetzung des Vorstandes dauerhaft dargestellt werden kann, weil sowohl die begünstigte Einrichtung als auch die kontoführende Bank beziehungsweise Sparkasse jeweils ein eigenes Interesse an dem Fortbestand der Stiftung hat. Die Stiftungsverwaltung wird dann vielleicht kostenfrei sein, aber nicht umsonst.
Als dritte Lösungsoption bieten sich professionelle Stiftungsverwalter an. Sie sind sowohl unabhängig hinsichtlich des Stiftungszweckes als auch der kontoführenden Bank beziehungsweise Sparkasse. Die Stiftung wäre somit weder an einen Destinatär gebunden noch an ein Geldinstitut. Darüber hinaus weiß das scheidende Vorstandsmitglied die Stiftung in guten Händen, da diese Anbieter auf die Verwaltung von Stiftungen spezialisiert sind und die gesetzlichen Rahmenbedingungen kennen. Zudem haben sie in der Regel entsprechende Versicherungen abgeschlossen, sodass im unwahrscheinlichen Fall eines durch sie verursachten Schadens dieser reguliert werden kann.
Allerdings bepreisen die gewerblichen Stiftungsverwalter ihre Arbeit, was für viele Stifter eine Hürde darstellt. Insofern stehen (noch) amtierende Vorstände vor einer Grundsatzentscheidung, die sich in aller Kürze so zusammenfassen lässt:
„Favorisiere ich für meine Stiftung eine kostenlose Abhängigkeit oder lieber eine kostenauslösende Unabhängigkeit hinsichtlich Zweckrealisierung und Geldanlage?”
Alternative: Stiftungsverwalter stellt Experten als Vorstände
Die empfehlenswerte Vorgehensweise besteht darin, dass der Stiftungsverwalter z.B. zwei erfahrene Stiftungsexperten für die Vorstandstätigkeit stellt, die idealerweise nicht zugleich Angestellte des Verwalters, also unabhängig von diesem sind. Normalerweise sind dies erfahrene Anwälte oder Steuerberater, aber auch zertifizierte Stiftungs- und Projektmanager aus dem Netzwerk des Stiftungsverwalters. Diese Stiftungsexperten fassen die notwendigen Beschlüsse und vertreten die Stiftung im Rechts- und Geschäftsverkehr. Zu seiner Entlastung schließt der Vorstand dann einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Stiftungsverwalter ab, der auf diesem Weg für den Vorstand die notwendigen administrativen Aufgaben erbringt. Im Vorfeld wäre unter Umständen eine entsprechende Satzungsänderung notwendig.
Vorteil eines solchen Vorgehens für die Stiftung:
Der professionelle Stiftungsverwalter unterliegt der Kontrolle des Vorstandes, der wiederum mit dem Stiftungsverwalter ein „Backoffice“ an seiner Seite hat. Im Übrigen bieten professionelle Stiftungsverwalter ihre Dienste vergleichsweise günstig an, eine Aufwandsentschädigung für die Vorstandsmitglieder ist dennoch fällig.
Beispiel:
Die Förderstiftung F verfügt über ein Stiftungsvermögen in Höhe von 750.000 EUR und erzielt eine durchschnittliche Rendite von 2,5%, so dass p.a. 15.750 EUR zur Verfügung stehen. Um das Vier-Augen-Prinzip zu wahren, stellt der Stiftungsverwalter zwei natürliche Personen für den Vorstand. Sie erhalten beispielsweise eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 150 EUR pro Vorstandssitzung.
Der Stiftungsverwalter erbringt, nachdem der Vorstand mit ihm einen Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen hat, die kompletten Verwaltungsleistungen für 2.8. 0,35% bezogen auf das Stiftungsvermögen, zuzüglich Mehrwertsteuer, also für 3.123,75 EUR. Insgesamt belaufen sich die Aufwendungen der Stiftung auf 3.423,75 EUR. Hinsichtlich der Einnahmen bedeutet dies eine Verwaltungsquote von 18,26%.
Wichtig: Erhöht sich die durchschnittliche Rendite um lediglich 1% auf 3,5%, könnte die Stiftung mit einer Verwaltungsquote von nur 13,04% rechnen. Quintessenz: Die Verwaltungsquote sinkt mit steigenden Renditen und mit der Höhe des Stiftungsvermögens, da sich bei einigen Anbietern der Prozentsatz mit steigendem Vermögen degressiv verhält.
Neben dieser „Premiumlösung“ gibt es ein weiteres Modell für die professionelle und nachhaltige Besetzung des Vorstands:
Der amtierende Vorstand könnte den professionellen Stiftungsverwalter — häufig in der Rechtsform der GmbH geführt — als juristische Person in den Vorstand seiner Stiftung berufen. In diesem Fall könnte die zusätzliche Aufwandsentschädigung für die zwei Vorstandsmitglieder gespart werden, so dass mit einer Verwaltungsquote in Höhe von 16,66% bzw. mit 11,9% (bei einer 3,5%igen Rendite) zu rechnen wäre.
Fazit
Das Problem „verwaister Stiftungsvorstände“ ist durchaus lösbar. Der amtierende Vorstand, der den Staffelstab weitergeben möchte, steht allerdings zunächst vor zwei Grundsatzentscheidungen:
- Darf die dauerhafte Nachfolgeregelung Kosten auslösen oder setzt er ausschließlich auf ehrenamtliches Engagement?
- Damit zusammenhängend: Soll die Stiftung hinsichtlich ihrer Zweckrealisierung beziehungsweise der Geldanlage unabhängig bleiben oder soll sie sich an eine zu fördernde Organisation binden können?
Im jeweils ersten Fall sollte die Option „professioneller Stiftungsverwalter“ in den Fokus der weiteren Überlegungen rücken. Im jeweils zweiten Fall böte es sich für Förderstiftungen an, einen Vertreter der begünstigten Organisationen in den Vorstand zu berufen, alternativ einen Vertreter des kontoführenden Geldinstituts.
Jörg Martin ist Gründer der DS Deutsche Stiftungsagentur GmbH in Neuss, München und Berlin und seit über 20 Jahren im Stiftungswesen tätig. Er verantwortet die professionelle Verwaltung von weit über 400 Stiftungen und begleitet 50 bis 80 Stiftungsgründungen pro Jahr. Außerdem ist er Mitherausgeber des Loseblattwerks „stiftungsmanager — Recht, Organisation, Finanzen“.
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